Die Wiederauferstehung von Commodore
Commodore kommt wieder - aber anders: Die Marke, die einst den Volks-Computer C64 auf den Markt brachte, steigt nun ins Geschäft mit "digitalen Tankstellen" ein. WELT.de sprach mit Commodore-Chef Ben van Wijhe.
Berlin - Das soll die Zukunft sein: An Flughäfen oder Bahnhöfen stehen bald „Inhalte-Tankstellen“, an denen sich Reisende mit Filmen, Spielen oder Musik versorgen können. Die Inhalte werden in Minutenschnelle per Bluetooth oder SMS auf ihre digitalen Geräte geladen, bezahlt wird einfach per Kreditkarte.
Die „digitalen Tankstellen“ sind nur eine der Ideen von Ben van Wijhe. Der Vorstandschef von Commodore International hat kürzlich die ersten beiden „Media Tower“ am Flughafen Schiphol bei Amsterdam aufgestellt. „Wir wollen im laufenden Geschäftsjahr bis Ende Juni 650 Content-Stations europaweit aufstellen“, sagt van Wijhe WELT.de. Die Stationen stünden dann auch in Spiele-Shops oder Elektronikmärkten.
Ende auf den Bahamas
Commodore ist ein Name, der die Herzen von Elektronik-Nostalgikern höher schlagen lässt. Anfang der 80er-Jahre erschuf das US-Unternehmen ie amerikanische Firma den meistverkauften Heimcomputer aller Zeiten: den C64. Nach einer rasanten Erfolgsgeschichte musste sich Commodore aber Mitte der 90er-Jahre – mittlerweile auf den Bahamas ansässig – den Personal-Computern und Spielkonsolen geschlagen geben und wurde 1995 trostlos zugemacht. Nun arbeitet van Wijhe an der großen Wiederauferstehung der Marke.
„Commodore soll wieder so begehrt sein wie in den 70er- und 80er-Jahren“, sagt der Holländer. 2005 startete die Firma neu, nachdem der Name von dem börsennotierten US-Unternehmen Yeahronimo übernommen wurde. Im Geschäftsjahr 2005/06 (zum 30. Juni) wuchs Commodore laut van Wijhe schon um das Vierfache. Die Zahlen kommen in dieser Woche. Für das Jahr 2006/07 sollen sich die Erlöse abermals vervierfachen.
Alter Name, neue Hardware
Denn Commodore steht kurz vor einer Produktoffensive: In diesen Wochen bringt Commodore zwei Geräte für die Jackentasche aus der Produktreihe „Gravel“ heraus. Gleichzeitig wird ein Unterhaltungsportal gestartet (www.commodoreworld.com), das van Wijhe auf der Internationalen Funkausstellung (Ifa) in Berlin vorstellte. Auf der Webseite stehen dem Nutzer von November an Spiele, Musik oder ausgewählte TV- und Radiosendungen zum Herunterladen zur Verfügung. „Wir haben Verträge mit allen großen Inhalte-Lieferanten“, betont van Wijhe. Dazu gehören Sony BMG oder EMI. In das Produktportfolio kommt zudem ein Festplattenrekorder für Zuhause, die „MediaBox“. Damit hat der Nutzer Zugang zu Online-Diensten oder speichert sich Videos und Fotos, die er dann über den Fernseher anschauen kann.
Die Commodore-Holding hat ihren Sitz in Los Angeles. das operative geschäft aber wird vom niederländischen Baarn aus geführt. Das Unternehmen ist mit einem Streubesitz von knapp 40 Prozent an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq notiert. Die Mehrheitsanteile halten weiter die Gründer und Investoren der neuen Commodore-Firma. Van Wijhe, der schon mehrere Firmen gegründet und wieder verkauft hat: „Ich bin mit allem reingegangen, was ich hatte.“